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Die Eberesche

Sorbus aucuparia

Die farbenfrohe Delikatesse

Die Eberesche, auch Vogelbeere genannt, kommt in Europa von Sibirien bis zu den Mittelmeerländern vor. Ihre schmackhaften Früchte machen sie zu einem Liebling der Vögel. Ebenso gilt sie als eine Schmetterlingsfutterpflanze und dient zahlreichen weiteren Insekten und Säugetieren als Nahrungspflanze. Seit über 2000 Jahren spielt sie auch für uns Menschen als Lebens- und Genussmittel, in Kunst, Kultur, Mythologie, Medizin sowie im Handwerk und im Schutzwald eine bedeutende Rolle. Ihre vielseitigen Qualitäten für Mensch und Natur machen sie nach wie vor zu einem besonderen Schatz in unserer Kulturlandschaft.

EIN BAUM – VIELE NAMEN

Viele Bezeichnungen für die Eberesche weisen auf die Bedeutung ihrer Früchte als wertvolle Vogelnahrung hin.

Der wissenschaftliche Artname Sorbus aucuparia leitet sich vom lateinischen avis (= der Vogel) und capere (= fangen) ab. Tatsächlichen wurden die reifen Beeren der Eberesche früher auch als Lockmittel für den Vogelfang, vor allem für Drosseln, verwendet.

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BIOLOGIE

BLÜTE

Die Eberesche blüht von Mai bis Juni. Sie hat zwittrige Blüten, das bedeutet die männlichen (Staubblätter) und weiblichen Organe (Stempel) sind in einer Blüte vereint.

 

Zwischen 200 und 300 Blüten sind in einer Schirmrispe vereint. Die einzelnen, radiärsymmetrischen Blüten mit einem Durchmesser von ca. 10mm werden von fünf weißen Kronblättern gesäumt.

 

Der von Menschen als eher unangenehm empfundene Geruch der Blüten lockt eine Vielzahl von Insekten zur Bestäubung an. Vor allem Käfer und Fliegen, aber auch Bienen werden angezogen.

KNOSPE

Die weich und filzig behaarten Knospen der Eberesche sind meist rotbraun bis dunkelviolett gefärbt. Die Triebspitzen der Zweige sind üblicherweise gekrümmt.

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BIOLOGIE

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FRUCHT

Von August bis September reifen die Früchte der Eberesche. Die kleinen, erbsengroßen Apfelfrüchte färben sich nun von orange zu rot. Die enthaltenen Bitterstoffe und Fruchtsäuren lassen die reifen Früchte säuerlich, herb und bitter schmecken. Der erste Frost mildert den Geschmack. Auch Vögel und Säugetiere bevorzugen die Früchte nach dem Einwirken des ersten Frostes.

 

Die Früchte der Eberesche bleiben bis in den Winter am Baum und dienen somit vielen Tieren (v.a. Vögeln) als Nahrungsquelle. Pflanzen, deren Früchte oder Samen bis in die Winterzeit oder länger an der Pflanze verbleiben, nennt man Wintersteher.

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BIOLOGIE

BLATT

Die Blätter der Eberesche sind unpaarig gefiedert. Das bedeutet, dass ein Blatt in mehrere kleine Fiederblättchen ungerader Anzahl unterteilt ist. Meistens sind 15 Fiederblättchen ausgebildet. Es können allerdings 9 bis 19 vorhanden sein. Die einzelnen Blattfiedern sind länglich-elliptisch, 4 bis 6cm lang und ca. 2cm breit. Der Blattrand ist gezähnt.

Ein Blatt ist meist zwischen 17 und 20cm lang und zwischen 8 und 11cm breit. An den Zweigen der Eberesche sind die Laubblätter wechselständig angeordnet. Von wechselständig spricht man, wenn die einzelnen Blätter zueinander versetzt aus dem Zweig wachsen.

Die Blätter der Eberesche treiben im Mai aus. Sie sind an der Oberseite grün und an der Unterseite eher graugrün, im Herbst verfärben sie sich leuchtend gelb-orange bis rot.

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BIOLOGIE

WURZEL

Die Eberesche bildet ein Senkerwurzelsystem aus. Dieses besteht aus einigen starken Hauptwurzeln und einem Netzwerk aus kleineren Wurzeln. Dieses ist zumeist zwar sehr dicht und weitreichend ausgebildet, aber vergleichsweise flach (bis ca. 2m Tiefe). Vor allem in den ersten Jahren wachsen die starken Wurzeln der Eberesche sehr rasch. Durch den entstehenden Druck des kräftigen Wurzelsystems kann es zu Schäden bei Leitungen und Rohren im Boden kommen. Auch andere Pflanzen können deutlich beeinträchtigt werden. Deshalb wird beim Setzen einer Eberesche im Garten oder in der Nähe von Gebäuden oder Leitungen der Einsatz einer Wurzelsperre empfohlen.

 

Dieses kräftige und schnell wachsende Wurzelsystem, sowie ihre Fähigkeit, sich rasch mit Ausläufern (vegetative Vermehrung) auszubreiten, wird allerdings auch bewusst eingesetzt, zum Beispiel als Erosionsschutz bei Hängen, der Wildbachverbauung oder dem Lawinenschutz.

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BIOLOGIE

RINDE

Die Rinde junger Ebereschen ist glatt, glänzend und hellgrau gefärbt. Häufig hat sie einen gelblichen, grünlichen oder rotbraunen Farbstich. Mit zunehmendem Alter wird sie mattgrau und feinrissig. Manche Bäume entwickeln im Laufe ihres Lebens im unteren Stammbereich eine grauschwarze und längsrissige Rinde.

Die Rinde der Zweige ist dünn und glänzend. Unterhalb ist eine Schicht Chlorophyll ausgebildet, welche der Eberesche Photosynthese noch vor dem Laubaustrieb ermöglicht.

 

Markant sind die quer verlaufenden Lentizellen. Das sind spezielle Zellen, die für den Gasaustausch zwischen der Pflanze und der Umgebungsluft sorgen. Sie geben der Rinde der Eberesche ihr charakteristisches Erscheinungsbild.

Spiegelrinde

Tiere

VÖGEL

Mit 63 nachgewiesenen Vogelarten bietet die Eberesche von allen mitteleuropäischen Gehölzen den meisten Vogelarten Nahrung.

Eine besonders wichtige Rolle als Futterquelle spielen die Früchte der Eberesche für Amsel, Singdrossel, Misteldrossel, Rotdrossel, Alpendohle, Star, Mönchsgrasmücke, Rotkehlchen, Kleiber, Gimpel und Seidenschwanz. Letzterer kann aufgrund seiner großen Leber auch bereits gärende Früchte ohne Schaden verzehren.

 Eichelhäher legen sich mit den Früchten Wintervorräte an, übriggebliebene Früchte unterstützen neben der Endochorie die Ausbreitung der Eberesche.

Neben seiner Bedeutung als Nahrungsquelle spielt der Baum auch als Nistgehölz für eine Reihe von Vögeln eine Rolle.

 

INSEKTEN

Für eine Vielzahl von Insekten ist die Eberesche von Bedeutung.

Die Raupen des sehr seltenen Ebereschen-Bergspanners (Venusia cambrica) ernähren sich hauptsächlich von den Blättern der Eberesche.

Auch für die Raupen der vom Aussterben bedrohten Eberescheneule (= Gelber Hermelin, Trichosea ludifica) sind die Ebereschenblätter eine wichtige Nahrungsquelle.

Manche Insekten verursachen auffällige Fraßschäden bis hin zum Kahlfraß. Dazu gehören der Kleine Frostspanner (Operophtera brumata), der Weißdornspinner (Trichiura crataegi), der Weißdornblattkäfer (Lochmaea crataegi) sowie der nicht auf eine bestimmte Art spezialisierte und als invasiv geltende Weißdorn-Dickmaulrüssler (Otiorhynchus crataegi) und der Schwarze Rüsselkäfer (Otiorhynchus coecus).

SÄUGETIERE

Die Früchte der Eberesche sind vor allem vor Einbruch und während des Winters auch bei Säugetieren beliebt. Marder, Rotfuchs, Dachs und Braunbär laben sich direkt an der Pflanze. Kleinere Säugetiere wie Eichhörnchen, Siebenschläfer, Haselmaus, Rötel-, Gelbhals-, Erd- und Feldmaus sammeln die kleinen Apfelfrüchte und lagern sie versteckt im Boden als Wintervorräte. Wildschwein, Reh und Rothirsch ernähren sich ebenso von den nahrhaften Früchten.

Doch auch die Blätter, Triebe und Knospen der Eberesche dienen als Nahrung. Paarhufer wie Reh, Rothirsch, Gämse, Elch oder Steinbock verspeisen diese sehr gerne.

Die Vorliebe des Schalenwildes für die Eberesche macht sie in der Forstpraxis zu einem hilfreichen „Biltzableiter“ gegen Wildverbiss.

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Eberescheneule

Seidenschwanz

Schwarzer Rüsselkäfer

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Buntspecht

VERBREITUNG

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Eberesche umspannt fast ganz Europa. Es zieht sich von West-sibirien bis zu den Mittelmeerländern hin, wobei sie in Südeuropa nur in höheren Lagen und vergleichsweise selten vorkommt.

Ihren Verbreitungsschwerpunkt hat sie in den Alpen, im Alpenvorland und in deutschen Mittelgebirgen. In Österreich kommt sie bis auf die östlichsten Gebiete in allen Bundesländern häufig bis zerstreut vor.

 

Die widerstandfähige Eberesche gedeiht im Gebirge bis zur Baumgrenze (bis 2400 Meter), im Norden Europas dringt sie sogar bis an die Eismeerküste vor. Nur in extremen Trockengebieten sowie an felsigen und sandigen Küsten in Südeuropa bleibt sie aus.Ebereschen sind, was ihre Anforderungen an den Standort angeht, sehr anspruchlos und tolerant, so gedeihen sie auf sehr unterschiedlichen Böden und besiedeln als typische Pionierbaumart rasch auch Freiflächen.

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LEBENSRAUM

Da die Eberesche eine breite Toleranz gegenüber unterschiedlichen ökologischen Faktoren aufweist, kommt sie auch an sehr verschiedenen Standorten vor. So ist sie in Mitteleuropa Bestandteil vieler Gebüsch- und Waldgesellschaften.

An Standorten mit basenarmen Substraten und kühl-humidem Klima kommt sie jedoch deutlich häufiger vor und ist auch vitaler und kräftiger ausgebildet als an Standorten mit basenreichen Böden und trockenem Klima.

Auch das verfügbare Licht wirkt sich auf ihr Vorkommen in Waldbeständen aus. Je dünkler ein Wald, je geschlossener das Kronendach, desto seltener kommt die Eberesche darin vor.

 

STANDORTE

Pionierart

Vorwaldart

in bodensauren Wäldern und Gebüschen

in lichten Stadien von Fichten- und Tannenwäldern

in Hochlagen-Buchenwäldern

in Blockwäldern

 

Neben den natürlichen Vorkommen wird die Eberesche gerne als Ziergehölz, zur Bodenbefestigung im Lawinenschutz und der Wildbachverbauung sowie als Allee- und Stadtbaum gerne eingesetzt.

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NUTZUNG

HOLZ

Das gleichmäßig dichte und feinstrukturierte Holz der Eberesche ist vielseitig verwendbar. Es ist biegsam und elastisch trotz seiner Härte und Schwere. Dadurch eignet es sich hervorragend zum Drechseln und Schnitzen. Es lässt sich auch sehr gut Polieren und Beizen.

Die Eberesche bildet regelmäßig einen sog. Farbkern aus und gehört somit zu den Kernholzbäumen. Allerdings findet die Farbkernbildung erst mit einem Alter von 30 – 40Jahren statt. Das harte Kernholz ist hell- bis mittelbraun mit ausgeprägter Maserung. Früher wurde es gerne in der Wagnerei eingesetzt. Das Splintholz ist hell, feinfaserig und elastisch. Das macht es ideal für Schnitzarbeiten.

Spinnräder, Schäfte von historischen Waffen oder Ackergerätschaften, Sessel, Holzschrauben, Holzfässer, Spielzeug, Kunstgegenstände und vieles mehr wurden aus dem gut bearbeitbaren Holz der Eberesche gefertigt.

Neben der Nutzung als Furnier- oder Brennholz ist das Holz der Eberesche auch für die Erzeugung von Zellstoff geeignet.

 

GESUNDHEIT

In der Naturheilkunde finden nicht nur die Vitamin C reichen Früchte Verwendung, auch die Blätter und Blüten werden eingesetzt.

Tee, Mus, Marmelade, getrocknete Früchte und auch der Schnaps sollen gegen Husten, Bronchitis, Heiserkeit, Migräne, Rheuma, Gicht, Verdauungsbeschwerden und Magenverstimmungen wirken.

Früher waren die Früchte aufgrund ihres hohen Vitamin C Gehaltes ein wichtiges Mittel gegen Skorbut.

In der modernen Augenheilkunde wird das Sorbit der Früchte zur Senkung des Augeninnendruckes bei Glaukom angwandt.

Kulinarik

Neben ihrer vielfältigen Verwendung in der Naturheilkunde spielte die Eberesche auch als Nahrungs- und Genussmittel vor allem in früherer Zeit eine bedeutende Rolle. Hier stehen die nahrhaften und aromatischen Früchte im Mittelpunkt.

Die vitaminreichen Früchte lassen sich zu Kompott, Mus, Gelee, Saft und Marmelade verarbeiten.

Besonders bekannt ist der Vogelbeerenschnaps, der in einigen Regionen vor allem in Salzburg, Tirol und der Steiermark eine lange Tradition hat.

Die Ernte und Verarbeitung der Beeren ist aufwändig und die Ausbeute beim Brennen der Maische ist gering. Das sorgt für einen hohen Preis des fertigen Edelbrandes.

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KULTUR

Wie Funde von Grabbeigaben belegen, nutzt und schätzt der Mensch die Eberesche schon seit der Steinzeit. Neben der Verwendung ihrer Blüten, Blätter, Früchte, Rinde und ihres Holzes spielte sie auch in Literatur und Brauchtum, für Rituale und als Lebensbaum eine bedeutende Rolle.

Die Eberesche war seit jeher im Volksglauben Glücksbringer und Lebensbaum.

Sie symbolisierte das Wiedererwachen nach dem Winter und schützte vor Unheil und bösem Zauber.

In der germanischen Mythologie war sie dem Gewittergott Donar geweiht und im magischen Alphabet der keltischen Druiden ist die Eberesche der Baum des Lebens.

Als heiliger Baum umsäumte sie Kultstätten oder diente als Lebensrute für Mensch und Haustier. Einige Schläge mit einem Ebereschenzweig versprachen Heilung, Lebenskraft und Fruchtbarkeit.

 

Manche alten Bräuche haben sich bis in die heutige Zeit gehalten.

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