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Die Rotföhre

PINUS SYLVESTRIS

Die Überlebenskünstlerin

Die Rotföhre ist ein schnellwüchsiger, immergrüner Nadelbaum. Sie besiedelt unterschiedlichste magere Lebensräume und kommt aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit auf sehr feuchten bis hin zu sehr trockenen Standorten vor. Die Wuchsform ist ähnlich ihrer Standortwahl sehr variabel. Als Baumart der Extreme ist die Rotföhre eine wichtige Holzlieferantin, die robust und hitzeverträglich ist, als auch eine hohe Frostresistenz aufweist. Viele Tiere, Pilze und einige Pflanzen sind auf das Vorkommen der Rotföhre angewiesen und so leistet sie einen erheblichen Beitrag für die heimische Biodiversität.

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EIN BAUM – VIELE NAMEN

Die Rotföhre hat viele Namen im deutschsprachigen Raum. Die in Österreich häufigsten Bezeichnungen sind Rotföhre und Weißkiefer. Rotföhre ist der botanische Name, Weißkiefer der in der Waldwirtschaft gebräuchliche Name. Ihr wissenschaftlicher Name ist Pinus sylvestris.

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BIOLOGIE

BLÜTE

Die Rotföhre besitzt sowohl männliche als auch weibliche Blütenstände. Diese befinden sich am selben Baum, wachsen aber an getrennten Zweigabschnitten. Die männlichen Blütenstände sind reif ca. 2cm lang und rotbraun bis braun gefärbt. Sie entlassen den gelben Blütenstaub (= Pollen). Verbreitet wird der Pollen durch den Wind. Dennoch dient er auch als Nahrungsquelle für Bienen. Die weiblichen Blütenstände (Zapfen) sind auffällig rötlich gefärbt. Aus ihnen bildet sich der Kiefernzapfen. Im ersten Jahr ist der Zapfen noch völlig geschlossen und grün. Erst im Herbst des zweiten Jahres erreicht der Zapfen seine end - gültige Form und Größe. Der 3 bis 8 cm lange, eiförmige Zapfen ist nun verholzt und braun bis schwärzlich. Die Samen sind zwar bereits reif, werden aber erst im Frühling des dritten Jahres entlassen. Danach fallen die Zapfen ab

BIOLOGIE

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FRUCHT

Im Frühling des 3.Jahres werden die Samen bei trockenem, warmen Wetter freigesetzt. Die Zapfen öffnen sich mit einem hörbaren Knacken. Bei feuchter Witterung schließen sich die Zapfen und schützen die verbliebenen Samen. Die Samen sind 3 bis 4 mm lang und haben einen Samenflügel ausgebildet. Mit diesem werden sie zu sogenannten Drehfliegern: die Samen vollziehen eine propellerartige Flugbewegung. Je nach Länge der Samenflügel variiert auch die Ausbreitungsdistanz von ca. 150m zu über 1km.

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BIOLOGIE

BLATT

Die mehrjährigen Nadeln sind in ihrem Bau an Trockenheit, Frost und nährstoffarme Böden angepasst. Die Nadeln wachsen immer paarweise. Sie sind 4 bis 8 cm lang und werden in der Regel 2 bis 3 Jahre alt. Im Gebirge können sie sogar bis zu 6 Jahre alt werden. Bei Luftverschmutzung bleiben die Nadeln kürzer und fallen oft schon nach 2 Jahren ab.

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BIOLOGIE

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WURZEL

Die Wurzeln von Rotföhren sind sehr anpassungsfähig. Das hilft ihnen nicht nur bei der Wasser- und Nährstoffversorgung, sondern auch um widerstandsfähig gegenüber Sturm zu sein. Die Rotföhre bildet eine Pfahlwurzel aus, die bis zu 8 Meter in die Tiefe reichen kann (durchschnittlich 2 bis 6 Meter). Die Seitenwurzeln der Rotföhre können 16 Meter lang werden. Dieses Wurzelsystem macht sie einerseits so sturmfest, andererseits hilft es ihr auch an tieferliegendes Wasser zu gelangen. Die Feinwurzeln der Rotföhre bilden häufig Symbiosen mit Pilzen, bei denen sich Pilz und Pflanze gegenseitig unterstützen und helfen.

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BIOLOGIE

Schuppenborke

RINDE

Die Rinde der Rotföhre ist in jungen Jahren glatt und grau- bis braungelb. Später bekommt sie ihre markante Farbe und Struktur. Besonders im Kronenbereich ist sie dann leuchtend rotgelb bis rotbraun (fuchsrot) und blättert in dünnen, pergamentartigen Schichten ab (= Spiegelrinde). Die Rinde im Stammbereich besteht im Alter aus größeren, grau bis rotbraunen Platten, die von tiefen dunklen Furchen durchzogen sind (Schuppenborke). Mit zunehmenden Alter wird die Schuppenborke immer dicker. Das führt dazu, dass die Stämme von älteren Rotföhren deutlich zweifärbig sind.

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Spiegelrinde

Spiegelrinde

Tiere

VÖGEL

Unter unseren heimischen Vögeln gibt es keine reinen Rotföhrenspezialisten. Das liegt daran, dass natürliche Rotföhrenwälder nur sehr kleinflächig vorkommen. Dennoch haben Rotföhren nachweislich einen positiven Effekt auf viele Vogelgemeinschaften. Rotföhren bilden oft Übergangsbestände aus, die gekennzeichnet sind von Lichtreichtum, Strukturvielfalt und immergrünem Nadelwerk. Damit bieten sie in verschiedenen Lebensphasen ganz unterschiedlichen Vögeln einen Lebensraum. Gleichzeitig sind die Samen der Rotföhre eine wichtige Nahrungsquelle für zahlreiche Vogelarten. Der Zitronenzeisig, Meisen und Spechte lieben die Samen der Rotföhre als Winternahrung. Auerhühner und Birkhühner ernähren sich im Winter unter anderem von Föhrennadeln. Misteldrosseln laben sich an den Mistelbeeren, die als Halbschmarotzer in den Kronenbereichen vieler Rotföhren zu finden sind.

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INSEKTEN

Zu den vielen Insekten, die mit der Rotföhre assoziiert werden, zählen unter den Käfern zum Beispiel der Blaue Kiefernprachtkäfer oder der Echte Kiefernrüssler. Auch Schmetterlinge wie der Kiefernspanner oder die Kieferneule sind auf Rotföhrenbestände angewiesen. In natürlichen Wäldern stellen die Insekten kein Problem dar und unterstützen die ökologische Dynamik des Waldsystems. In Forsten mit Rotföhrenmonokultur können Insekten aber erheblichen Schaden anrichten.

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Buntspecht

Kieferneule

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blauer Kiefernprachtkäfer

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Fliegenpilz

PILZE und PFLANZEN

MYKORRHIZA

Im Reich der Pilze gibt es zahlreiche Interaktionen mit der Föhre. So weiß man heute, dass in Föhrenwäldern 70- 90% aller Wurzelspitzen mit Mykorrhiza Pilzen ummantelt sind. Diese spezielle Form der Symbiose zwischen Pilz und Pflanze hilft den Rotföhren Wasser und Nährstoffe über den Boden aufzunehmen. Die Wurzeln werden zusätzlich vor Infektionen und Pathogenen geschützt, die Trockenresistenz des Baumes wird erhöht. Die Pilze bekommen im Gegenzug von der Rotföhre Nährstoffe. Bekannte Beispiele von solchen Mykorrhiza Pilzen in Rotföhrenwäldern sind der Kiefernsteinpilz, Schmierröhrlinge oder der unverwechselbare Fliegenpilz.

Buntspecht

PILZE und PFLANZEN

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SCHADPILZE

Auch eine große Zahl von Nadel-, Trieb-, und Rindenpilzen findet in der Rotföhre ein geeignetes Substrat. In Untersuchungen fand man bis zu 32 verschiedene Nadelpilzarten in Föhrenwäldern und bis zu 6 verschiedene Arten gleichzeitig auf einer einzelnen Nadel . Eine typische von Pilzen versursachte Krankheit ist die Kiefernschütte. Vor allem junge Rotföhren werden befallen. Sie kann den Baum schwer schädigen oder ihn sogar das Leben kosten.

 

HOLZZERSETZER

Viele Pilze sind daran beteiligt, das Holz von alten oder toten Bäumen langsam zu zersetzen. Bekannte Vertreter der Holzfäulepilze bei der Rotföhre sind der Kiefern-Braunporling und der beliebte Speisepilz Krause Glucke . An der Zersetzung des Rotföhrenholzes sind bis zu 90 verschiedene Pilzarten beteiligt.

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HALBSCHMAROTZER

Die Föhrenmistel ist ein Halbschmarotzer, der häufig im Kronenbereich von Rotföhren vorkommt. Sie entzieht der Rotföhre Wasser und Mineralsalze. Die bis zu 30 Jahre alt werdende Mistel ist für einen gesunden Baum kein Problem, geschwächte und alte Bäume kann sie allerdings schädigen.

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Krause Glucke

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Kiefern -Braunporling

Föhren-Mistel

VERBREITUNG

Die Rotföhre ist eine Überlebenskünstlerin, die sowohl mit wenig Nährstoffen als auch widrigsten Bedingungen zurechtkommt. Nach der letzten Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren besiedelte sie fast ganz Europa und weite Teile Asiens. Auch heute noch findet man sie in diesem Gebiet und kein anderer heimischer Baum ist derart weit verbreitet. Obwohl sie konkurrenzschwach ist, erlangte sie in ihrer Verbreitung einen Siegeszug, da sie von uns Menschen gefördert wurde. Heute sind ca. 4,8 % der heimischen Waldfläche mit Rotföhren bestockt, das ist ein Vielfaches von der Fläche, wo sie natürlicherweise vorkommen würde. Somit ist sie der vierthäufigste Baum in unseren heimischen Wäldern. Sie wächst in Österreich von der Ebene bis zu 1.300m, inneralpin sogar bis zu 2.000m. Rotföhren können wie kaum eine andere heimische Baumart auf fast allen Standorten wachsen. So waren es auch die Rotföhren, die eine Wiederbewaldung nach großflächigen Waldvernichtungen im Mittelalter möglich machten.

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LEBENSRAUM

Moore, sehr karge und trockene Sandböden sowie felsige Standorte sind Gebiete, wo heute noch natürliche oder sogenannte reliktische Rotföhrenbestände vorkommen. Rotföhren kommen mit so wenig Erde und Nährstoffen aus und tolerieren Wasserextreme, dass sie hier keine Konkurrenz von anderen Bäumen haben. Insgesamt gibt es drei ökologisch getrennte Standorte, in denen die Rotföhre dominiert:

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• Karbonat-Trockenkiefernwälder: Besonders artenreiche Lebensräume an den Alpenrändern und über Kalkschotterböden entlang von Flüssen.

 

• Sand- und Silikatkiefernwälder: Sehr nährstoffarm und trocken – keine andere heimische Baumart schafft es hier einen Wald auszubilden.

 

• Kiefern-Moorwälder: Sehr nasser und nährstoffarmer Lebensraum, der seltenen Tierarten Lebensraum bietet.

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NUTZUNG

Die Rotföhre wird seit langer Zeit vom Menschen vielseitig genutzt. Ob Holz, Harz, Nadeln oder Zapfen, die Rotföhre und die aus ihr gewonnenen Produkte begleiten die Menschen seit alters her.

 

HOLZ

Das Holz der Rotföhre ist weich bis mittelhart, elastisch und leicht zu trocknen und zu verarbeiten. Sehr charakteristisch ist das Nachdunkeln des Holzes zu Honiggelb beim Splintholz und zu Rotbraun im Kernbereich. Aufgrund dieser Farbunterschiede und der Asteinschlüsse wird das Rotföhrenholz gerne für rustikale Inneneinrichtungen verwendet. Aber auch als Bau- und Konstruktionsholz, als Industrieholz sowie als Energieholz für Hackschnitzelheizungen wird die Rotföhre verwendet.

 

FÜR DIE GESUNDHEIT

Rotföhrennadelöl wirkt schleimlösend, Rindenextrakte der Rotföhre enthalten entzündungshemmende Stoffe. Den ätherischen Ölen der Rotföhre wird eine belebende und gleichzeitig entspannende Wirkung zugeschrieben.

VERWENDUNGSZWECKE

Der Kienspan (= harzreiches Holz der Rotföhre) wurde von der Altsteinzeit bis ins 19. Jahrhundert hinein als Beleuchtungsmittel in Mittel- und Nordeuropa verwendet. Durch die großflächigen Harzeinschlüsse brennt der Kienspan lange und beständig. Auch aus dem Harz der Rotföhre wurden Fackeln hergestellt. In Vergessenheit geraten ist die Nutzung der Nadeln als Waldwolle. Dafür wurden die abgezupften Nadeln in Wasser eingelegt. Nach einer Einweichzeit von bis zu zwei Monaten lassen sich die Nadeln zerrollen und die erweichten Fasern ergeben mit der Zeit ein wolliges Gewebe – die Waldwolle. Diese Waldwolle wurde zum Befüllen von Pölstern und Matratzen benutzt oder zu einem Garn verwoben um daraus Textilien zu fertigen. Rituelle Räucherungen: Mit dem Räuchern der Nadeln und dem Harz der Rotföhre wollte man Krankheiten abwehren und böse Geister vertreiben.

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KULTUR

Die Rotföhre begleitet die menschliche Kultur schon seit der Altsteinzeit. Die Nutzung ihres Harzes, Holzes und auch ihrer Nadeln war seit alters her von großer Bedeutung.

In Asien ist die Föhre ein Symbol für Stärke, Geduld, Widerstandsfähigkeit und ein gesundes, langes Leben. Auch in Europa gibt es eine lange Tradition, die an die Langlebigkeit anknüpft und die Rotföhre auch mit der Wiederauferstehung assoziiert. So gibt es in Osteuropa die Überzeugung, dass die Nägel, mit denen Jesus ans Kreuz genagelt wurde, aus Rotföhrenholz gefertigt waren.

Rotföhrenzapfen enthalten bis zu 50 Samen pro Zapfen, daher galt der Rotföhrenzapfen im Altertum auch als Sinnbild für Fruchtbarkeit und Reichtum.

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KLIMA

Wenn wir über die Zukunft des Waldes sprechen, sprechen wir heute auch über klimafitte Wälder. Das oberste Ziel ist es, unsere Wälder so nachhaltig zu bewirtschaften, dass auch kommende Generationen die wunderbaren Geschenke und Funktionen des Waldes genießen und nutzen können. Um dies zu ermöglichen, werden die Baumarten für den Wald von morgen schon heute mit einem Augenmerk auf die zu erwartenden Anforderungen ausgewählt. Angesichts des sich verändernden Klimas stoßen viele Arten, wie zum Beispiel die beliebte Fichte, immer mehr an ihre ökologischen Grenzen. Wenn es wärmer und trockener wird, können viele Bäume nicht mehr mithalten. Die Rotföhre als Baum der Extreme kann in der Baumartenzusammensetzung klimafitter Wälder eine wesentliche Rolle einnehmen.

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